Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten,

auch wir möchten uns in diesen schwierigen Zeiten an Sie wenden und ein paar hilfreiche Tipps geben. Wir können in unserer Kanzlei derzeit den Betrieb vollständig aufrecht erhalten. Einige unserer MitarbeiterInnen arbeiten zum Teil im Homeoffice, sind aber telefonisch erreichbar. Anstelle persönlicher Besprechungen werden wir bis auf weiteres möglichst telefonisch mit Ihnen in Kontakt treten.

Sollten die Einschränkungen noch größer werden, sind wir darauf gut vorbereitet.
Alle unsere MitarbeiterInnen können kurzfristig vom Homeoffice aus arbeiten. Wir gehen davon aus, dass unsere Telefonzentrale weiter besetzt sein kann.

Sollte sich hieran etwas ändern, werden wir Sie informieren.
Bitte beachten Sie, dass sich die Situation sehr dynamisch entwickelt. Somit können sich auch Informationen schnell verändern und Maßnahmen müssen angepasst werden.

Wir informieren Sie hier über den aktuellen Stand.

Corona-Pandemie April 2022: Betriebsschließungen im Frühjahr 2020: weder Entschädigungs- noch Schadenersatzansprüche

Betriebsschließungen im Frühjahr 2020: weder Entschädigungs- noch Schadenersatzansprüche

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt darüber entschieden, ob der Staat für Einnahmeausfälle haftet, die durch flächendeckende vorübergehende Betriebsschließungen oder Betriebsbeschränkungen aufgrund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten COVID-19-Krankheit entstanden sind. Er hat die Haftung verneint.

Der Kläger ist Inhaber eines Hotel- und Gastronomiebetriebs. Am 22.3.2020 erließ das beklagte Land Brandenburg eine Corona-Eindämmungsverordnung, wonach Gaststätten für den Publikumsverkehr zu schließen waren und den Betreibern von Beherbergungsstätten untersagt wurde, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen. Der Betrieb des Klägers war vom 23.3. bis zum 7.4.2020 für den Publikumsverkehr geschlossen, ohne dass die COVID-19-Krankheit zuvor dort aufgetreten war. Der Kläger erkrankte auch nicht. Während der Zeit der Schließung seiner Gaststätte bot er Speisen und Getränke im Außerhausverkauf an. Im Rahmen eines staatlichen Soforthilfeprogramms zahlte die Investitionsbank Brandenburg 60.000 Euro als Corona-Soforthilfe an ihn aus. Der Kläger hat geltend gemacht, es sei verfassungsrechtlich geboten, ihn und andere Unternehmer für die durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlittenen Umsatz- und Gewinneinbußen zu entschädigen. Das Landgericht (LG) hat die auf Zahlung von 27.017,28 Euro (Verdienstausfall, nicht gedeckte Betriebskosten, Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung) nebst Prozesszinsen sowie auf Feststellung der Ersatzplicht des Landes Brandenburg für alle weiteren entstandenen Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vor dem Oberlandesgericht (OLG) erfolglos geblieben.

Der Kläger hatte auch vor dem BGH keinen Erfolg. Die Entschädigungsvorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gewähren Gewerbetreibenden, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als sog. infektionsschutzrechtliche Nichtstörer durch eine flächendeckende Schutzmaßnahme, insbesondere eine Betriebsschließung oder Betriebsbeschränkung, wirtschaftliche Einbußen erlitten haben, keinen Anspruch auf Entschädigung. Insbesondere ergibt sich kein Anspruch aus § 65 Abs. 1 IfSG. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut ist die Vorschrift nur bei Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten einschlägig. Im vorliegenden Fall dienten die Corona-Eindämmungsverordnung sowie die Folgeverordnungen jedoch der Bekämpfung der COVID-19-Krankheit. Diese hatte sich bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung deutschlandweit ausgebreitet. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des IfSG dahingehend, dass auch in der vorliegenden Fallgestaltung eine Entschädigung zu gewähren ist, scheidet laut BGH aus.

Der BGH betont: Hilfeleistungen für von einer Pandemie schwer getroffene Wirtschaftsbereiche sind keine Aufgabe der Staatshaftung. Vielmehr folgt aus dem Sozialstaatsprinzip, dass die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen. Hieraus folgt zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen. Dieser sozialstaatlichen Verpflichtung kann der Staat z. B. dadurch nachkommen, dass er – wie im Fall der COVID-19-Pandemie geschehen – haushaltsrechtlich durch die Parlamente abgesicherte Ad-hoc-Hilfsprogramme auflegt („Corona-Hilfen“), die die gebotene Beweglichkeit aufweisen und eine lageangemessene Reaktion, zum Beispiel durch kurzfristige existenzsichernde Unterstützungszahlungen an betroffene Unternehmen, erlauben.

Quelle: BGH, Urteil vom 17.3.2022, III ZR 79/21, PM 33/2022 vom 17.3.2022

Corona-Pandemie April 2022: Gewerberaummiete: Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung

Gewerberaummiete: Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Frage entschieden, ob ein Mieter von gewerblich genutzten Räumen für die Zeit einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der COVID-19-Pandemie zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet ist.

Die Beklagte hat von der Klägerin Räumlichkeiten zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs gemietet. Aufgrund des sich im März 2020 in Deutschland verbreitenden Corona-Virus erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt im März 2020 Allgemeinverfügungen, aufgrund derer die Beklagte ihr Textileinzelhandelsgeschäft im Mietobjekt für einen Monat schließen musste. Infolge der behördlich angeordneten Betriebsschließung entrichtete die Beklagte für den Monat April 2020 keine Miete. Die Parteien stritten nun bis zum BGH, ob diese Monatsmiete zu zahlen war oder nicht.

Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. Er hat entschieden, dass im Fall einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolgt, grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 313 Abs. 1 BGB) in Betracht kommt. Dies bedeutet aber nicht, so der BGH, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an diesen Grundsatz nicht gerecht.

Das OLG hatte eine Vertragsanpassung dahingehend vorgenommen, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird. Grund: Das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache treffe keine der beiden Mietvertragsparteien allein. Dies, so der BGH, komme nicht in Betracht. Es bedarf vielmehr einer umfassenden und auf den Einzelfall bezogenen Abwägung, bei der zunächst von Bedeutung ist, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind.

Diese werden laut BGH bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist. Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern. Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat. Dabei können auch Leistungen einer ggf. einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters zu berücksichtigen sein. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht. Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich. Bei der gebotenen Abwägung sind auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen.

Das OLG muss nach der Zurückverweisung durch den BGH nun prüfen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht.

Quelle: BGH, Urteil vom 12.1.2022, XII ZR 8/21, PM 4/22 vom 12.1.2022